Alle Jahre wieder – Besinnlichkeit oder Quälerei?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jetzt sind wir schon wieder mittendrin!

Die schönste Zeit des Jahres hat uns fest im Griff – Weihnachten steht vor der Tür.

Bis vor ein paar Jahren habe ich diesen besonderen Monat Dezember sehr gemocht und mich auf das Schmücken der Wohnung, Basteln der Adventskalender gefreut. Und wenn der Stress nicht allzu präsent war, dann klappte es auch noch rechtzeitig mit dem Kekse backen 😉

Doch Jahr für Jahr viel es mir aus persönlichen Gründen immer schwerer, mich auf Weihnachten zu freuen und es grauste mir eher vor den Tagen der Besinnlichkeit. Es lag an meinen Umständen, die sich geändert hatten: Trennung vom Partner, das erste Fest ohne meinen Vater, Probleme mit den Kindern, eine kranke Mutter, die uns nicht mehr am 1. Weihnachtstag mit Braten und Rotkohl empfangen konnte. Stattdessen stand ein Besuch im Pflegeheim an und dort saßen wir dann zwischen lauter fremden Menschen und in Räumlichkeiten, die ihr und uns nicht vertraut waren.

Traditionen von jetzt auf gleich unterbrochen. Schwermut statt Leichtigkeit. Kein Vater mehr da, der sich um das zerrissene Geschenkpapier kümmerte und fleißig hinter uns allen her räumte. Kein bunter Teller, um den sich immer meine Mutter gekümmert und fleißig eingekauft hatte. All die Naschereien, die keiner sonst von uns in den Einkaufswagen gepackt hätte, wir Kinder und Enkel aber trotzdem aßen.

Eben nicht mehr alle zusammen, sondern getrennt und zerstreut. Mittendrin mein kleiner Sohn, der mit seinen jungen Jahren kein „Oh du Fröhliche“ unterm Christbaum glückselig verbringen konnte, sondern mit Trauer und aufgesetzter „wir machen mal gute Stimmung Mine“ konfrontiert wurde.

Ja, das ist das Leben, welches nun mal seinen Gang geht. Geliebte Menschen verlassen uns durch Tod oder Trennung jeglicher Art. Ein Fest des Friedens, der Liebe, fällt in einen Gedankentümpel, auf dass die besinnlichen Tage doch bitte schnell vorübergehen mögen.

Zeit und Gesundheit ist das Kostbarste was wir haben. Liebe das größte Geschenk welches wir erhalten und weitergeben können. Alles Dinge, die kein Geld kosten aber zugleich das Teuerste sind, was es gibt auf der Welt. Doch wir Menschen neigen dazu, all diese Kostbarkeiten nicht genügend zu würdigen, nicht zu nutzen, negativ verschwenderisch damit umzugehen, immer weniger Bewusstsein haben.

So verhält es sich auch mit den materiellen Geschenken: Da wird gerannt, gemacht und getan. Gestresste Gedanken, rasante Suche nach dem optimalen Geschenk, welches seinen Platz unter dem Gabentisch findet, nur, damit es zwischen den Weihnachtstagen und Silvester wieder getauscht werden kann, weil es doch nicht das Richtige ist.

Liebe und Zeit jedoch, das ist nicht umtauschbar.

Ok, Liebe kann mitunter dem Tauschhandel zum Opfer fallen, weil ein Wechselspiel der Partnerschaften stattfindet, aber was die Familie angeht, da bleibt sie immer bestehen – so hoffe ich.

Die Generation meiner Eltern; für sie war Weihnachten noch etwas Besonderes. Man freute sich über Süßigkeiten, einen reich gedeckten Tisch, der nicht aller Tage möglich war.

Wie habe ich die Geschichte geliebt, wenn mein Vater erzählte, dass er als Kind jedes Jahr aufs Neue seine Ritterburg unterm Christbaum vorfand, stetig in einem frisch lackierten Anstrich. Etwas Altes neu instand gesetzt. Die Freude war dennoch groß.

Heute liegt ein IPhone unterm künstlichen Baum und nach dem Auspacken reicht die Zeit gerade noch dafür, Whatsapp einzurichten und das war es dann mit der gemütlichen Gemeinsamkeit.

Meine Eltern neigten auch immer dazu, uns Kindern große und teure Geschenke zu machen, als wir noch jünger waren. Ein Fernseher, ein Fahrrad, eine teure Lederjacke. Doch das schönste Geschenk, welches ich jemals zu Weihnachten von ihnen bekam, war ein Poster von John Travolta. Man, habe ich mich bannig darüber gefreut. Nicht nur deshalb, weil ich damals ein großer Fan war, sondern viel mehr berührte es mich, dass meine Mutter (denn eigentlich war immer nur sie für die Geschenke zuständig) sich wirklich Gedanken gemacht hatte, was mir persönlich gefallen könnte. Und sie traf damit voll ins Schwarze.

Es ist einfach, teure technische Dinge zu verschenken. Damit ist alles abgedeckt und jegliches „Kleingedöns“ nicht mehr von Nöten, weil das ganze verfügbare Geld ja in dem teurem Großen steckt. Ein einzelner „Abwasch“ sozusagen. Mir lag das aber nie so,  und ob wir zuvor gefragt wurden,  ob wir uns einen Fernseher oder Fahrrad wünschen würden, das erinnere ich nicht mehr.

Nun aber dieses Poster, für vielleicht 10 Mark oder sogar noch günstiger. Für mich aber in einem Wert, mit mindestens noch zwei Nullen hintendran. Ganz einfach deshalb, weil es mir zeigte, dass meine Mutter mich „sah“ in meinen aktuellen Interessen. In etwas, was mir am Herzen lag. Der Gedanke, die Geste war mir schon immer wichtiger als das tatsächliche Geschenk.

Meine Kinder habe ich immer damit genötigt, dass ich mir etwas Selbstgebasteltes von ihnen gewünscht habe. So lange, bis sie schließlich genervt gesagt haben: „Mama, wir haben dir jetzt alles geschenkt, was man nur basteln kann.“ 🙂 Ich habe alles von ihnen aufgehoben, wenn ich Chaot auch nicht immer weiß, wo ich es im Laufe der Zeit in die Aufbewahrung gegeben habe. Aber noch heute würde ich niemals auf die Idee kommen, etwas davon wegzuschmeißen, weil es mir immer noch lieb und teuer ist.

Dieses Jahr möchte ich gerne Zeit und Bewusstsein verschenken. Ein Ohr zum Zuhören und noch mehr Herzlichkeit, die auch ich nicht immer so gezeigt habe, wie ich es gerne gewollt hätte. Und ich möchte Worte weitergeben, die meine Lieben vielleicht zu selten bis gar nicht zu hören bekommen haben. Worte der Liebe und Dankbarkeit, dass es sie in meinem Leben gibt. Dass sie alle mein Leben um ein vielfaches reicher machen. Und dasselbe würde ich mir von ihnen wünschen. Ich brauche keine teuren Wertgegenstände für mein Glück. Vielmehr freue ich mich über Gedanken, die mit mir ausgetauscht werden oder mich einschließen. Ich möchte im Herzen getragen werden und brauche nichts, was ich auf dem Herzen trage.

Bei all den schwermütigen Gedanken in mir, glaube ich dennoch, dass meine Familie und ich gut dran sind, denn es gibt garantiert Menschen, denen wirklich ganz arg vor dem schönsten Fest des Jahres graut. Sie am liebsten die Tage verschlafen möchten, nur um den Schmerz der Einsamkeit nicht zu spüren, weil da gar niemand ist, der Zeit mit ihnen verbringt oder auch nur einen einzigen Gedanken an sie verschwendet.

Ihnen gehört mein Mitgefühl und es macht mich noch demütiger und ich bin dankbar, für das was ich habe.

Auch wenn meine Familie und ich durchgeknallt sind, nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen herrscht, besinnliche Stunden unterm geschmückten Tannenbaum bei anderen bestimmt anders aussehen, dennoch habe ich sie – meine Familie. Und Freunde, die sich für mich auch familiär anfühlen. Damit bin ich gesegnet und jetzt, am Ende meines Textes angelangt, freue ich mich nun doch ein wenig auf Weihnachten und ich werde wie jedes Jahr versuchen, das Allerbeste draus zu machen. Das wünsche ich euch allen auch von Herzen.

In diesem Sinne: Auf eine schöne Adventszeit

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